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Hammer oder Amboss – der Chef hat immer recht

Wenn der Chef will, dass der Mitarbeiter mehr leistet und länger arbeitet, sagt er das nicht immer direkt, sondern droht: „Neulich habe ich Ihnen schon gesagt, Sie müssen sich mehr anstrengen. Nehmen Sie das ernst, sonst können Sie Ihre Beförderung vergessen.“ Das sind manchmal so typische Situationen im Job.
Ganz klar: Der Chef hat immer recht! Er hat Macht, Einfluss und den nötigen Weitblick. Ist an sich ja auch ganz in Ordnung so, denn Chefs tragen auch eine große Verantwortung. Etwas anderes ist es, wenn Chefs Forderungen stellen, um ihre eigenen Wünsche durchzusetzen, und mit Drohungen agieren, beispielsweise, keine Zahlungen mehr zu leisten, oder über den Austritt des Mitarbeiters laut nachdenken. Wenn ein Chef seine Macht spielen lässt, weiß er oft selbst nicht weiter. Und Drohen geht eben schneller als Diskutieren. Sich zu widersetzen, ist nun einmal nicht ganz einfach und könnte gravierende Folgen haben – und das schürt die Angst. Kurzfristig ist es wahrscheinlich das Beste, dem Druck nachzugeben und den Anweisungen des Chefs zu folgen.
Wer allerdings immer brav macht, was der Chef verlangt, bleibt sich selbst nicht treu und läuft Gefahr, irgendwann nicht mehr ernst genommen zu werden. Ganz ähnlich müssen sich derzeit die Griechen fühlen. Die haben auf einmal viele Chefs, und die machen mächtig Druck. Also geben sie dem Druck nach und schnallen den Gürtel so eng, dass ihnen fast die Luft wegbleibt. Steuern auf alles und jedes, Lohn- und Rentenkürzungen, Massenentlassungen, Rekordarbeitslosigkeit. Aber sie merken trotzdem, dass immer mehr den Bach runtergeht. Pleiten, Insolvenzen, Streiks und Massenproteste legen das Land lahm. Die, die noch richtig Geld hatten, haben es längst im Ausland deponiert. Auch in Deutschland. „Da müsste man einmal die Kavallerie hinschicken“, denken da so manche Griechen. Und da der Grieche trotz enormer Anstrengungen keinen Silberstreif über der Akropolis erkennen kann, fängt er an, seine Angst zu hinterfragen. Wie weit können die Chefs noch gehen, und was kann denn im schlimmsten Fall passieren, wenn wir den Anweisungen nicht mehr folgen? Denn die Griechen haben im April ein ganz legitimes und demokratisches Mittel, sich den vielen Chefs zu widersetzen – die Parlamentswahl. Und das macht den Chefs richtig Angst.
Bis dahin sollen nämlich zu den bereits ausbezahlten 75 Milliarden Euro weitere 60 Milliarden Euro aus dem Hilfspaket ausgezahlt werden. Und da der griechische Normalbürger von den vielen Milliarden bislang noch nichts bei sich in der Tasche gefühlt hat, könnte es sein, dass er Parteien wählt, die die Anweisungen der Chefs ablehnen und aus der Eurofirma aussteigen wollen und damit drohen, bereits gezahlte Gelder nicht zurückzuzahlen. Das hat sogar einen der deutschen Chefs veranlasst, über eine Verschiebung der Wahl nachzudenken. Das ging den Griechen dann aber wirklich zu weit, und sie waren ganz schön zornig auf den deutschen Chef.
Langsam fühlen sich die Griechen nämlich von den vielen Chefs weichgeklopft und nicht mehr ernst genommen. Die Chefs sollten den Griechen mal erklären, was denn nach den ganzen Sparanstrengungen passieren wird. Wie man das Land wieder vernünftig aufstellt und die Wirtschaft ankurbelt. Dann klappt’s vielleicht auch mit den Nachbarn. Denn irgendwann wollen die Bürger Griechenlands auch mal wieder Hammer oder Amboss sein – und nicht immer das Material ­dazwischen.

Euer Viktor