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Janz Berlin ist ’ne Veggie-Bulette

Neulich war ich mal wieder in Berlin. Und da ich momentan – immer wieder auf ein Neues – einige Pfunde abspecken will, hatte ich meine Joggingklamotten dabei. Freitagabend, Laufschuhe an und ab durch meine kulinarische Hauptstadt.

An Gourmettempeln und Dönerbuden vorbei und rechts ab in ein Wohngebiet in Steglitz. Und da war er auf einmal. Aus gekippten oder weit aufgerissenen Fenstern kam er mir entgegen, dieser Duft, der zu meiner Kindheit gehört wie im Doppeldeckerbus oben zu sitzen. Ganz Steglitz schien Buletten zu braten. Meine Nase konnte sich an diesem unverwechselbaren Duft nicht satt riechen.
Schließlich hatten die Berliner ihr berühmtestes Flusspferd liebevoll nach dieser kugeligen Geschmacksexplosion benannt. Als Kind war es ein Muss, Bulette einige Male im Jahr zu besuchen. Die Sensation im Zoo wurde immerhin 53 Jahre alt.

Zum Duft kam dann noch der unbändige Wille zur Bulette mit einer kühlen Molle. Also ab in die nächste Kneipe und ran an die Buletten. Abnehmen kann ich morgen auch noch. Denkste! Da ein Fleischpflanzerl, ein Fleischküchle dort, Frikadelle oder deutsches Beefsteak, Burger oder Fleischlaberl (?), sogar Hackbällchen. Nee, ich wollte ’ne echte. Wo sind die Buletten geblieben? Hat sich das Kochkulturgut meiner Jugend aus der Kneipenküche verabschiedet? Scheint so. Okay, als Alternative könnte ich ja auch eine echte Berliner Currywurst ohne Darm essen. Aber da hat der Ruhrpott, meine zweite Heimat, mächtig aufgeholt und die Berliner um Längen hinter sich gelassen. Und nicht erst seit Grönemeyers Song von der Currywurst.

Aber dann sah ich sie, diese Bude, mit Stehtischen vor der Scheibe, auf der „Bernis Buletten Bude“ geschrieben stand. Gott sei Dank. Gleich mal zwei Buletten und ein Bier bestellt. Herrlich heiße Buletten ohne Beilagen, nur mit scharfem Senf, und ein kühles Bier.

Gefühlte Jahrzehnte kannte ich nur die Ersatzprodukte. Bulette, flach geklopft mit Salat, Essiggurke und einer Spezialsoße, eingeklemmt in einem Sesambrötchen. Selbst im schwedischen Möbelhaus habe ich sie schon gegessen. Meine Bulette als Hamburger oder Köttbullar. Na ja …

Aber die Buletten-Deadline ist bei mir überschritten, wenn ich Veggie-Burger auf der Karte finde. Veggie-Burger aus weißen Bohnen, Reis, Tofu, Linsen oder Haferflocken: Alles nichts für mich. Es muss ja nicht immer Fleisch sein, okay. Aber Bulette ohne Hack ist für mich wie der BER ohne Flugzeuge. Noch eine Bulette und ein Bier, und die Welt war in Ordnung. Zufrieden trabte ich nach Hause. Ab morgen wird wieder abgenommen. Man muss auch mal seinen Versuchungen erliegen.

Euer Viktor