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Es ist vollbracht … aber noch nicht ganz

Wir haben einen Koalitionsvertrag. Nach Jamaika-Pleite jetzt Groko. Aber erst, wenn die SPD-Mitglieder auch den Daumen hochhalten.

Mein Nachbar ist schon ganz aufgeregt. Nicht, weil die SPD ihre Basis entscheiden lässt, obwohl er schon einige Bedenken hat; da können ja 14-jährige Mitglieder und sogar Nichtdeutsche über unsere schöne Groko abstimmen. Wie geht das denn? Wenn die den Daumen nach unten zeigten, dann wäre er sehr verbittert. Nicht, weil es dann Neuwahlen gäbe, nein. Er hätte Angst, dass dann etwas nicht mehr zur Debatte stünde, das ihm im Koali­tionsvertrag so richtig gefallen hat.

Ein Megaministerium. Ein Bundesministerium des Innern und der Heimat. Ja, der Heimat. Das hat ihm immer gefehlt. Nach der Wahlpleite im September ließen die Großkopferten in allen unsäglichen Talkshows immer und gebetsmühlenartig denselben Spruch los: Wir müssen die Sorgen der Bürger ernst nehmen. Ja, was denn sonst? Und das, so mein Nachbar, gehe nur mit einem knackigen Heimat­ministerium unter bajuwarischer Führung von uns Horst. Der Leitkultur-Seehofer sollte das Megaministerium nach Schloss Neuschwanstein verlegen. Das wäre ein würdiger Ort, kein profaner Glaspalast in Berlin. Wenn schon Heimat, dann dort, wo Leitkultur gepflegt wird. Und schließlich haben die Bayern unter der Leitung von Markus Söder schon seit 2014 ein bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat.

Der Nachbar weiß zwar nicht genau, was das neue Ministerium so vorhat, aber mehr Einfluss bayerischer Tradition in der gesamten Republik, das würde ihm gefallen. Gut, ostdeutsche oder rheinische Traditionen könnten schon weiter gepflegt werden, aber unter der Leitung von Heimat-Horst. Eine einheitliche Schuluniform im Trachtenlook oder Lederhosenpflicht wären für ihn vorstellbar.
Das von der schwarz-gelben Regierung in NRW im vergangenen Jahr geschaffene Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sollte wieder aufgelöst werden. Es dürfe nur ein Heimatministerium geben – auf Bundesebene, meint der Nachbar. Seit dem Koalitionsvertrag geht mein Nachbar regelmäßig im deutschen Wald spazieren, lauscht aufmerksam dem Vogelgezwitscher, hält inne und spürt seine neue Heimatverbundenheit. Ob er seine alte Eisenbahn wieder im Hobbykeller aufbaut, weiß ich nicht. Dass aber sein geliebtes Heimatministerium vielleicht auch dafür zuständig ist, anderen in Deutschland eine Heimat zu geben, daran denkt mein Nachbar nicht. Allerdings habe ich da auch so meine Bedenken.

Schaun mer mal, dann sehn mer scho
Euer Viktor