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Wenn der Postmann nicht mehr klingelt

Irgendwie hat man das Gefühl, es stimme etwas nicht mit unserer Post. Montags kommt gefühlt gar kein Postbote mehr. Und mein Nachbar, dieser nette ältere Herr, erzählt mit glänzenden Augen von der guten, alten Bundespost. Von einer Zeit, da alles organisiert war. Das Nichtzustellen wurde bestraft, und es gab Luftpost, Telegramme und sogar Aerogramme. Die Mitarbeiter der Post waren Beamte oder Postfacharbeiter. Ihre Arbeit war nicht Job, sondern Berufung.

Die Deutsche Post dementiert. Das sei ein Trugschluss. Montags wird nur die Post ausgeliefert, die samstags eingeworfen wurde, und das ist überwiegend Privatpost. Mein Briefkasten wird am Samstag gar nicht geleert. Erst wieder am Montag ab 15.30 Uhr. Und Briefe innerhalb einer Stadt brauchen schon einmal vier Tage und in die ferne Hauptstadt auch einmal zehn.

Wenig Werbung oder berufliche Post. Jetzt wissen wir auch endlich, dass in deutschen Firmen samstags keine Post verschickt, ergo auch am Montag keine zugestellt wird.

Außer privaten Briefen. Gibt’s die noch, private Briefe? Schreibt denn überhaupt noch jemand unter 40 Jahren Briefe? Viele junge Menschen kennen und können keine Briefe schrei­ben. Das ist schade, ist aber so.
Aber alle paar Jahre können sie es probieren. Und es wird ihnen leicht gemacht. Nur hier und dort ein Kreuz und fertig. Wenn jemand keinen Brief schreiben kann, sollte er dann an einer Wahl, zudem mit Briefwahl, teilnehmen können? Fördert dieses Kreuzchen zu machen den Analphabetismus?
Der geniale Dieter Nuhr will ab sofort keine Kreuzchen, sondern eine Textwahl. Wähler müssen den Namen ihrer Partei korrekt ausschreiben, ebenso wie den Namen ihres Wahlkreiskandidaten. Und nur wer beides richtig schreibt, dessen Stimme wird auch gezählt. Sozusagen eine Qualifikationsrunde zur Befähigung, wählen zu dürfen.

Nun hat der gute Nuhr nur eines vergessen. Egal, wie er sagt, „wie die Doofen wählen“, ob namentlich oder mit Kreuz: Am Ende wird sowieso Merkel die Wahl gewinnen und höchstwahrscheinlich Kanzlerin auf Lebenszeit bleiben. Und vielleicht sogar darüber hinaus, wenn das mit der Wiedergeburt klappt.
Und da sich die anderen Parteien ja irgendwie selbst abschaffen, steuern wir mit Merkel auf ein Einparteiensystem zu. Das kennt Frau Merkel, da fühlt sie sich heimisch. Das gibt der Partei Planungssicherheit.

Und so gesehen gibt es eine Übereinstimmung zwischen dem Deutschen Bundestag und der Deutschen Post. So sicher, dass wir montags keine Post bekommen, so sicher ist auch, dass unsere Kanzlerin auf ewig unsere Kanzlerin bleiben wird. Es sei denn, wir bekommen irgendwann wieder regelmäßig montags Post.

Euer Viktor