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Trinkverhalten, Trends, Traditionen

von Monika Busch.

Der Trend nach bewusster Ernährung spiegelt sich auch im Alkoholkonsum wider. Vermehrt kommen alkoholfreie Varianten auf den Markt. Und die internationale Spirituosen- und Craftbierszene ist lebendiger und facettenreicher denn je: Spirituosen ohne Alkohol, Gin, der sich beim Mixen verfärbt, Craftdrinks aus exotischen Ländern oder Klassiker im neuen Gewand. Eine große Rolle spielt zudem der kreative, qualitätsbewusste Umgang mit natürlichen Rohstoffen.
In Bezug auf Bier zeigt eine aktuelle repräsentative Studie, dass die Deutschen mehrheitlich traditionelle Einstellungen zu „ihrem“ Bier haben. Ein weiteres Fazit der Studie: Es gibt Nachholbedarf bei der Markenbildung zahlreicher Brauereien.

Das Marktforschungsinstitut Splendid Research hatte im Oktober 2019 im Rahmen einer repräsentativen Umfrage 1.229 in Deutschland lebende Biertrinker zwischen 16 und 69 Jahren online zum Thema Bier befragt. Die Studie gibt Aufschluss über allgemeine Einstellungen sowie das Trink- und Kaufverhalten. Daneben wurden Markenindikatoren zu insgesamt 146 Biermarken ermittelt, darunter Werte zu Bekanntheit, Konsumhäufigkeit und zum Image.

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Deutschlands Biertrinker sind nach wie vor eher traditionell eingestellt. So stimmt die Mehrheit überein, Bier sei ein Kulturgut, das nach dem Reinheitsgebot zu brauen sei. Geschmack, Aroma und Natürlichkeit sind für über drei Viertel der Biertrinker entscheidende Merkmale. Kreativität, Exklusivität oder exotische Geschmacksnoten spielen für die breite Masse dagegen nur eine untergeordnete Rolle.

63 Prozent aller Bierkonsumenten trinken an mindestens zwei Tagen in der Woche Bier. Am häufigsten wird dabei zum klassischen Pils gegriffen. 85 Prozent trinken die untergärige Brauart mindestens gelegentlich. Dahinter folgen Biermischgetränke (73 Prozent) und Helles (70 Prozent), das längst nicht mehr nur in Münchens Biergärten zu finden ist.

In dieser Hinsicht besonders auffällig: Der Frauenanteil unter den Liebhabern des hellen Biers fällt mit 46 Prozent merklich höher aus als beispielsweise bei Pils oder Export. Im Falle der Biermischgetränke übersteigt der Anteil weiblicher Konsumenten (53 Prozent) sogar den der männlichen (47 Prozent).
Die zumeist handwerklich hergestellten Craftbiersorten werden dagegen weiterhin hauptsächlich von Männern zwischen 20 und 40 Jahren getrunken. Zwar haben 43 Prozent aller Biertrinker schon einmal ein Craftbier probiert, die überwiegende Mehrheit greift jedoch nur wenige Male im Jahr oder sogar noch seltener zu diesen besonderen Sorten.

„Damit liegt Craftbier zwar weiter im Trend, es bleibt jedoch eine Nische. Zudem wird sich die Marktlage demnächst zuspitzen, da große Brauereien zunehmend ähnlich anmutende Bierprodukte am Markt positionieren werden“, prognostiziert Alexander Claßen, Studienleiter bei Splendid Research.

Hinsichtlich der Brauereien klassischer Biersorten sind keine eindeutigen Präferenzen festzustellen. Die bekanntesten Marken sind gleichzeitig am beliebtesten: Für neun Prozent der Biertrinker ist Krombacher die Marke der Wahl, dicht gefolgt von Beck’s (acht Prozent) und Bitburger (sechs Prozent). Das mit Abstand beliebteste Mischgetränk ist Schöfferhofer Grapefruit (15 Prozent), und unter den alkoholfreien Bieren nehmen Krombacher 0,0 % (13 Prozent) und Erdinger Alkoholfrei (12 Prozent) die Spitzenplätze ein.

Die Imageanalyse offenbart: Der Großteil der etablierten Brauereien unterscheidet sich aus Sicht der Verbraucher nur geringfügig voneinander. Lediglich speziellere Marken wie Guinness oder Andechser können in den Kategorien Einzigartigkeit beziehungsweise Authentizität überzeugen. Oettinger besticht zudem durch ein als positiv empfundenes Preis-Leistungs-Verhältnis.

„Die etablierten Brauereien sollten gezieltere Maßnahmen zur Markendifferenzierung ergreifen und ihre Alleinstellungsmerkmale stärker betonen. Auf diese Weise können sie ihre Position in einem von Markenvielfalt geprägten Umfeld nachhaltig stärken“, lautet die Empfehlung Claßens abschließend.
Seit 1993 – dem Jahr des Inkrafttretens der Neufassung des Bier­steuergesetzes – hat sich der Bierabsatz insgesamt um zwei Milliarden Liter oder 17,8 Prozent verringert. Der versteuerte Inlandsabsatz hat in diesem Zeitraum um 27,6 Prozent abgenommen, wohingegen sich der steuerfreie Absatz (Exporte und Haustrunk) mehr als verdoppelt hat (+132 Prozent).

Im Bierjahr 2019 fehlten der Branche gegenüber dem Vorjahr laut Statistischem Bundesamt 177,9 Millionen Liter beziehungsweise 1,9 Prozent Bierabsatz. 82,6 Prozent des gesamten Bierabsatzes waren für den Inlandsverbrauch bestimmt und wurden versteuert.

Gesunken ist der Inlandsverbrauch gegenüber 2018 um 2,1 Prozent auf 7,6 Milliarden Liter. Steuerfrei abgesetzt an Exporten und Haustrunk wurden 1,6 Milliarden Liter Bier (−1,1 Prozent). Davon entfielen 0,9 Milliarden Liter auf EU-Staaten (−4,3 Prozent), 0,7 Milliarden Liter auf Staaten außerhalb der EU (+3,4 Prozent) und 12,4 Millionen Liter als unentgeltlicher Haustrunk auf die Beschäftigten der Brauereien (−5,2 Prozent).

Mit 439,5 Millionen Litern steuerten Biermischgetränke 4,8 Prozent zum gesamten Bierabsatz bei. Gegenüber dem Vorjahr 2018 wurden 1,0 Prozent weniger Biermischungen abgesetzt. In den Zahlen sind alkoholfreie Biere und Malztrunk sowie das aus Staaten außerhalb der EU eingeführte Bier nicht enthalten.
Pils ist nach wie vor die beliebteste Sorte, gefolgt von den hellen Bieren, die damit das stark schwächelnde Weizenbier ablösen. Der ehemalige Sortengewinner Weizenbier ist der neue Verlierer.

Zu den Wachstumstreibern zählt ebenso alkoholfreies Bier (nicht in der Bierstatistik erfasst). „Helles wird wahrgenommen als jung und trendig, Weizen dagegen wirkt traditionell“, erläutert Marcus Strobl, Biermarktexperte bei Nielsen.

Ein seit Jahren bestehendes Argument für den stetig sinkenden Bierabsatz, befördert durch die sozialen Medien: der demografische Wandel. „Junge Erwachsene treffen sich häufig nicht mehr in der Gastronomie, sondern am Smartphone beziehungsweise Laptop“, führt Dr. Volker­ Kuhl, Veltins-Geschäftsführer Marketing und Vertrieb, aus. Und hier sind die digitalisierten Lieferdienste, beispielsweise Durst oder Flaschenpost, häufig am Zug, die mittlerweile nicht unerheblich Absatzvolumen generieren.

Ein Revival erfährt seit einiger Zeit das Dosengebinde; Branchenkenner gehen von weiter steigenden Zahlen aus. 1935 war keine Verpackung innovativer, 2003 überlebte sie nur knapp den totalen Crash. 2018 wurden in Deutschland laut dem Forum Getränkedose 3,51 Milliarden Dosen verkauft – 660 Millionen mehr als noch im Jahr zuvor.

Die Strukturveränderungen in der Brauindustrie schreiten mit riesigen Schritten voran, der Wettbewerbsdruck wird sich erheblich steigern. Beispielsweise warnt die Brauerei C. & A. Veltins vor einer auf den ersten Blick populistisch und ohne belegbares Zahlenmaterial geführten Pfanddiskussion.
In der Kritik: Pläne des Bundesfinanzministeriums zur bilanziellen Neubewertung von Normleergut im Einzelhandel. Normflaschen in Brauereiunternehmen sollen bilanziell nicht mehr als Rückstellungen anerkannt werden. Die Kritik: Der Zwang zur Auflösung von Rückstellungen für im Umlauf befindliche Pfandflaschen hätte zusätzliche Steuerlasten zur Folge, da bei den betroffenen Unternehmen die aufgelöste Rückstellung einmalig den Gewinn erhöhen würde. Und mehr als kurios: Individualflaschen der Getränkehersteller sollen ausgenommen bleiben, da sie Eigentum des jeweiligen Herstellers bleiben, wohingegen Normflaschen durch die Bepfandung in das Eigentum des Käufers übergehen. Weder nachhaltig noch klimafreundlich und auch kein Argument für das etablierte Mehrwegsystem; der Anreiz für Individualflaschen würde sich erhöhen.

Ebenfalls in der Diskussion: Klarstellung im Zusammenhang mit der Ausweisung von Pfandbeträgen. Die Preisschilder zeigen den Preis der Getränke mit dem Hinweis „zzgl. Pfand“, was auch in der Preisangabenverordnung geregelt ist. Denn bei Pfand handele es sich um eine „rückerstattbare Sicherheit“, es stelle somit keinen Teil des Gesamtpreises da, so die Begründung.

„Nach der in Deutschland geltenden Preisangabenverordnung (PAngV) haben Händler Preisangaben in Angeboten und Werbung einschließlich der Umsatzsteuer und sonstigen Preisbestandteilen als sogenannte ‚Gesamtpreise‘ anzugeben.

Ziel der Preisangabenverordnung ist es, durch die angestrebte Schaffung von Preiswahrheit und Preisklarheit sowohl den Verbraucher als auch den Wettbewerb selbst zu schützen. Ein Streitpunkt in diesem Bereich ist dabei, ob das nach der Verpackungsordnung zu erhebende Pfand in den Endpreis der Ware mit einzuberechnen ist.“

Unter anderen entschieden die Landgerichte Kiel und Essen, dass auch der Pfandpreis als sonstiger Preisbestandteil zu bewerten und daher in den Gesamtpreis einzuberechnen sei. Derzeit prüft das Bundeswirtschafts­ministerium diesen Vorgang.

Steuerfrei bleibt vorerst der Haustrunk für Angestellte von Brauereien. In einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums heißt es: „Eine Abschaffung …

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 03/2020