Suche
Close this search box.

Bio, bio über Alles

Da sitzt mein Freund, der Lagersheriff meines Bierkutschers, nun traurig und den Tränen nahe, hat er doch gerade erfahren, dass sein Chef seinen Laden nun endgültig dichtmacht. Der ist mit den Nerven, den Lieferanten und mit der Bank fix und fertig. Doch er hat Glück, seine mit allen Wassern der Branche gewaschene Tochter hat sich einen Sportler geangelt, der nur Wasser getrunken und damit auch seine sportlichen Leistungen gekocht hat.
Was hat nun das sich zum Unternehmer wandelnde Sixpack vor? Es plant eine Biowellnessinsel, denn dazu eignet sich das Gelände des Schwiegervaters hervorragend – großer Parkplatz, optimale Anbindung an die Autobahn, Lärm- und Sichtschutz.
Das kluge Kerlchen hat schon Kontakte zu Arktis- und auch Antarktisforschern, um besonders reines Wasser abzufüllen, das je nach Tiefe der Bohrung die Mineralien der letzten 100.000 Jahre enthält. Jeder kann seine Rezeptur – ganz natürlich – mixen lassen. Wenn das nicht reinstes Bio und auch noch mineralisch wertvoll ist.
Er hofft aber, dass die Moselwinzer, die damit werben, ihm dies nicht streitig machen. Leider muss er feststellen, dass das Wasser aus dem Himalaja wegen der vielen Abfälle nicht geeignet ist. Er hat gelernt, dass Heilwasser für Kranke aber Bio-H2O für Gesunde ist. Bei den Säften gilt für ihn ausschließlich: je teurer, desto mehr bio.
Der Saft der Äpfel seiner Großmutter heißt nun „Jus de pomme de vierge“, um den Teint älterer Damen zu straffen. Die Biomalztreber aus der Brauerei sind die ideale Grundlage für Packungen, um schlaffe Figuren wieder in Form zu bringen. Die Blüten des Biohopfens, der mit der Cannabispflanze verwandt ist, können als Tee oder Salbe bei den verschiedensten Beschwerden hilfreich sein. Auch geben sie der Biobrause einen besonderen Kick. Die Kunden werden es ihm glauben. Er hat auch schon den Doc aus dem Dschungel befragt, ob nicht Pflanzen oder Früchte dazu beigetragen haben, dass die Biokakerlaken die Strapazen überlebt haben. Der Saft dieser Pflanzen könnte dann als Biodeodorant vermarktet werden.
Fast wäre es ein Schock für den Jungunternehmer gewesen, dass zwei andere ganz Clevere auf die Idee gekommen sind, ihrem Brunnen das Biosiegel zu verpassen. Er hat schnell reagiert. Die ersten Edelstahltank­laster holen das Biowasser ab, um die Bionaturholzbottiche der Pools und Thermen zu füllen. „Von außen und von innen immer bio“ heißt jetzt sein Werbeslogan. Herr von Fuchsberg – Ihr erinnert Euch: der Begleiter eines Bierindustriellen – wurde ganz nervös. Was passiert wohl, wenn das Biobier nur mit Biowasser gebraut werden darf? Reicht es dann nicht mehr aus, nur von Felsquellwasser zu schwadronieren?
Was wird nun aus Benno, meinem Freund? Er hat es gut getroffen. Er bewacht jetzt nicht mehr Kästen mit leeren Flaschen und Fässer, sondern dicke Limousinen und Geländewagen. Dabei kann er auch noch mit den Hündinnen der Besitzer schäkern, die sich freuen, dass ihre vierbeinigen Tussis auch ihren Spaß haben. Unsere gemeinsame Freundin, die champagnerfarbene Pudeldame, trifft er auch immer wieder, wenn ihr Frauchen Biokaviar und Bio­champagner schlürft.
Sein Herrchen ist nun Parkplatzwächter mit höchster Diskretion. Auch wenn er einem aus dem Verbraucherschutz in Begleitung einer Dame aus dem Landwirtschaftsministerium beim Einparken hilft. Bekommt er doch, wie früher seine Kneiper, Trinkgeld, das er nicht bei seiner Frau abliefern muss.

Euer Viktor