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Wenn Naiv auf Silikon prallt

Frauchen hatte sich auf einen gemütlichen Fernsehabend gefreut. Ein Fläschchen Wein geöffnet, ein paar Knabbereien und dann die Kiste an. Beim „Dschungelcamp“ blieb es hängen. Da musste doch der arme Ailton im Kampf gegen Kakerlaken und Kandidaten die Rückreise antreten.
Gerade er, der uns mit Sprüchen wie „Der besse Stürmer der Welt spiele genau in eine Mannschaft, genau hier, spiele genau heute, isse kein Tor“ oder „Totale Konzentration auf Fußball. Ohne Sex, ohne Bumbum. Orgasmus gibt es nur, wenn ich ein Tor schieße. Tor. Bumbum. Ailton ist wieder da“ überaus amüsierte.
„Was bringt eigentlich Menschen dazu, sich Lagerfeuerseelenstrip und Ekelprüfungen freiwillig zu unterziehen? Sind die wirklich so naiv oder echt klamm?“, dachte Frauchen. Und Millionen schauen zu, wenn Sonja Z. und Dirk B. drastisch und mit provokativem Proll-Chic ihre mittlerweile auf Z-Promi-Niveau abgerutschten Kandidaten ins Rennen schicken.
Furchtbar, da schaut Frauchen doch lieber den Herrn Jauch. Da würden die „Dschungelcamp“-Fuzzis bereits bei der 100-Euro-Frage ihre Joker verballern und kläglich scheitern, oder? Denkste!
Schon bei den ersten Fragen merkt Frauchen, dass die Allgemeinbildung kräftig auf dem Rückmarsch ist. Vor allem bei jungen Kandidaten. Nun kennt es ja aus vielen Bewerbungsgesprächen, was da so alles geschrieben und gesprochen wird. Da grenzt Polen an Lübeck, oder Antiviren wird für eine Joghurtmarke gehalten. Da strotzen Bewerbungsschreiben vor Schreibfehlern oder Kaffeeflecken. Die Bewerber zeigen gut sichtbar ihr Steißtattoo unter der Jeans und kommen zu spät. Scheitern schon beim Berufseinstieg. Die chronische Unlust am Ernst des Lebens schlägt hier teilweise voll durch. Nur drei von zehn Bewerbern interessieren sich für Politik und ähnliche Themen. Vielen scheint der kurze Blick auf Google zu genügen, um mal eben die Welt zu checken.
Ist das alles eine Folge von jahrzehntelangem unterfinanzierten Bildungssystem oder ist es der Erziehungsstil von Eltern und Schule? Die jungen Leute werden offenbar nicht mehr auf das wirkliche Leben vorbereitet. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass für sie die Welt so ist, wie es die Formate „Dschungelcamp“ oder „DSDS“ zeigen. Spaßfixiert und prollig. Dabei verwischen zunehmend die Standards.
Frauchen trifft vermehrt auf junge Leute, die ­Armin den Cherusker für einen Weichkäse halten, ohne zu merken, dass sie Selbigen unter der Schädeldecke haben. Nun ist diese Generation ja mit all der Medien­flut aufgewachsen. Bei den Einstellungstests fällt Frauchen das besonders auf. Viele sehen das eher als Computerspiel – nach dem Motto: „Wenn ich beim Spielen einen Level nicht schaffe, kann ich es auf einem niedrigeren Schwierigkeitsgrad noch einmal versuchen“. Das Gefühl, sich Mühe zu geben, kennen viele nicht mehr, meint Frauchen. Na ja, nun sind ja nicht alle so. Obwohl, der Neffe hatte neulich Besuch von einer jungen Amerikanerin. Die erzählte ihm, zwei Drittel aller Highschool-Absolventen wüssten nicht, wo der Irak und Afghanistan lägen.
Und in der TV-Show „Are You Smarter Than a 5th Grader?“ („Sind Sie klüger als ein Fünftklässler?“) wurde gefragt: „Budapest ist die Hauptstadt welches europäischen Landes?“ Kandidatin Kellie, platinblonde Schönheit der amerikanischen „DSDS“-Variante „American Idol“, antwortete: „Ich dachte, Europa wäre ein Land!“
„Da war Kellie allerdings weiter als unsere Politiker“, dachte Frauchen so.

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