von Mario Scheuermann
Wein und Sport ist für viele noch immer ein No-go. Vor allem der Volkssport Fußball gilt als eine ausgesprochene Bierbastion. Dabei demonstriert derzeit die südafrikanische Weinindustrie eindrucksvoll, dass dies nicht so sein muss. Soccer can sell!
Während die deutsche Weinwirtschaft 2006 bei der WM im eigenen Land, die Österreicher 2008 und die Portugiesen 2004 bei den Europameisterschaften alle Chance vertan hatten, ihre Weine welt- beziehungsweise kontinentweit ins rechte Fan-Licht zu rücken, setzen die Südafrikaner mit vielfältigen Kampagnen in wichtigen Key-Märkten wie Deutschland, Holland, Großbritannien, Russland, Kanada, den USA und Skandinavien für das Jahr 2010 voll auf König Fußball.
Und so, wie es aussieht, hat der Handel daran Gefallen gefunden. Südafrikas Weine sind bereits jetzt, zwei Monate vor dem sportlichen Großereignis, allgegenwärtig in den Regalen. Und nicht nur das. Auch die Nahrungsmittelindustrie zeigt im LEH Flagge mit Chakalaka-Pizza (Dr. Oetker), dem Africa Cheese Kick der Biomolkerei Söbbeke in Gronau oder Straußenfleisch und Mama-Africa-Soßen (Galeria Kaufhof).
Bereits in der Vorphase der Qualifikationsspiele hatten die Südafrikaner im vergangenen Jahr ein spektakuläres Projekt namens Fundi gestartet mit einer eigens dafür kreierten Serie von Weinen namhafter Erzeuger. Ein Teil des Erlöses fließt in ein Ausbildungsprogramm, mit dem bis Ende des Jahres 2010 junge schwarze Weinexperten ausgebildet werden sollen. In Deutschland konnte dafür die Linke Weinhandelsgesellschaft als Partner gewonnen werden.
In der heißen Phase flankieren die Südafrikaner jetzt die Aktionen des Handels mit einer Sommelier-Weltmeisterschaft und mit Grillfestivals und Aktionen zum Thema Rosé und Cape-Tapas allerlei Fanartikeln von den Vuvuzela-Tröten, Makaraba-Helmen, Shirts und Fahnen. Für den Handel stellen sie umfangreiche fußballbezogene Werbematerialien mit dem Slogan „Let’s celebrate“ zur Verfügung. Im deutschen Fachhandel war das Angebot an südafrikanischen Weinen denn auch noch nie so groß wie derzeit, und fast alle großen Supermarktketten und Kaufhäuser beteiligen sich an den POS-Aktionen der großen Importeure, die namhafte Spieler als Testimonials nutzen. So wirbt Philipp Lahm für Golden Khan und Andy Köpke für Nederburg. Neben den bislang vertretenen fünf großen Marken Golden Khan, Two Oceans, Rodeberg und Kaya mischt seit einigen Monaten auch der südafrikanische Weltmarktführer Kumala in Deutschland mit. Der erfolgreichste Markenwein vom Kap wird von der Hawesko-Tochter Wein Wolf vertrieben.
Angesichts dieser geballten Marktpräsenz ließ der Erfolg nicht auf sich warten. Bereits im ersten Quartal wurde um 17 Prozent mehr Wein aus Südafrika nach Deutschland exportiert als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Menge stieg von 15,1 Millionen Liter auf 17,7 Millionen Liter. Auch andere wichtige Zielmärkte der Kampagne wie Schweden (+16 %), die USA (+28 %) und Kanada (+9 %) melden ähnlich hohe Zuwächse.
Bemerkenswert ist dabei vor allem das Plus beim Export von Flaschenweinen nach Deutschland. Während die Menge der losen Bulkware nur um drei Prozent stieg, betrug der Zuwachs bei den Originalabfüllungen in Flaschen 66#(!) Prozent. Besonders stark machte sich dies bei den Roséweinen bemerkbar, bei denen sich der Bulkanteil halbiert hat, während der Flaschenanteil um 55 Prozent angestiegen ist. Auch bei den Rotweinen gab es eine signifikante Tendenz zu mehr Flaschenweinen mit minus sieben Prozent bei der Bulkware und plus 55 Prozent bei den Flaschenweinen. Bei den Weißweinen ging einerseits der Bulkimport um 50 Prozent in die Höhe, und andererseits verdoppelte sich die Menge der exportierten Flaschen (+95 %). Das erklärte Ziel eines deutlich zweistelligen Zuwachses für das Gesamtjahr sollte auf diesem Wege erreichbar sein.