Eine Megalopolis (griechisch für „große Stadt“) ist eine große Stadtlandschaft, in der mehrere Millionenstädte zusammengewachsen sind. In den USA wurde der Begriff erstmals für Boswash verwendet, ein über 750 Kilometer langes Städteband von Boston über New York, Philadelphia und Baltimore bis Washington, D.#C., an der Atlantikküste, wo etwa 14 Prozent der Bevölkerung auf nur drei Prozent der Staatsfläche leben.
In den USA drangen die Großstädte mit ihren Vorstädten immer weiter ins ländliche Umland vor. Entlang überregionaler Straßen bildeten sich immer mehr solcher Siedlungsbänder, in denen Einzelstädte korridorartig zusammengewachsen sind, zum Beispiel zwischen San Francisco und San Diego oder zwischen Chicago, Detroit, Cleveland und Pittsburgh.
Jetzt bezeichnet man auch entsprechende Gebiete in anderen Ländern als Megalopolis, zum Beispiel den Taiheiyo Belt, eine stark verstädterte Region zwischen Tokio und Fukuoka in Japan. Auch wir Europäer haben unsere Megalopolis, und zwar die größte der Welt. Hier heißt sie „Blaue Banane“. Sie ist ein bandförmiger Großraum zwischen der Irischen See und dem Mittelmeer.
In der Blauen Banane werden gegenwärtig 20 Global and World Cities gezählt. Der bedeutendsten unter ihnen, London, folgen Mailand, Frankfurt am Main, Amsterdam, Brüssel, Zürich, München, Düsseldorf, Luxemburg, Manchester, Birmingham, Genf, Stuttgart, Köln, Bristol, Antwerpen, Leeds, Rotterdam, Turin und Southampton. Im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungszahl ist die Blaue Banane damit ein überproportional bedeutender Raum in der globalisierten Welt.
Alle wichtigen Institutionen wie der Internationale Gerichtshof, der Europarat oder die Sitze von EU und NATO liegen im Gebiet der Blauen Banane.
Riesige Seehäfen, internationale Flughäfen sowie Messestandorte bilden eine Infrastruktur, die sowohl in verkehrstechnischer als auch informationstechnischer Hinsicht überdurchschnittlich ist. Gleichwohl darf man nicht vergessen, dass auch einige Regionen innerhalb der begünstigten Wirtschaftsräume der Blauen Banane Strukturprobleme haben, beispielsweise Duisburg und Gelsenkirchen im Ruhrgebiet oder Liverpool und Sheffield in Nordengland, bedingt durch den Niedergang alter Industrien und eine mangelnde Diversifikation der Wirtschaftsstrukturen.
Die Wirtschaftsflaute und die hohen Arbeitslosenzahlen in den von der Finanz- und Staatsschuldenkrise besonders betroffenen peripheren Räumen der Euro-Zone führen aktuell zu einer Verstärkung des Zustroms qualifizierter junger Menschen in die Zentren der Blauen Banane.
Durch die stete Zuwanderung qualifizierter Kräfte in die Verdichtungsgebiete der Blauen Banane wächst das Territorium so stark an, dass es zu einer Polarisierung Europas kommt: in Gewinnerregionen wie die Blaue Banane und Verliererregionen der europäischen Peripherie wie Osteuropa oder Südeuropa. Diese Verliererregionen stagnieren oder fallen jetzt schon in immer geringere Bedeutung zurück. Dadurch ergibt sich eine zunehmend größere Abhängigkeit der Verliererregionen von den wohlhabenden Gebieten der Blauen Banane. Der mit dem Begriff Blaue Banane gekennzeichnete Verdichtungsraum ist kein Ergebnis einer Planung, sondern hat sich im Zuge langfristiger geschichtlicher und marktwirtschaftlicher Prozesse durch Besiedlung entwickelt.
Heute steht dieser Verdichtungsraum in enger globaler Konkurrenz und Kooperation mit anderen Verdichtungsräumen der Welt, insbesondere China und Indien. Chinas Blaue Banane zieht sich längst spinnennetzähnlich um den Erdball. Diese Ausweitung der chinesischen Blauen Banane in unendlich viele kleine Verdichtungsräume ist allenthalben erkennbar. Nun ist unsere Blaue Banane schon längst in die Abhängigkeit vieler chinesischen Bananen geraten.
Die Angst, auf einer dieser asiatischen Bananen auszurutschen, treibt den Megalopolen der Alten Welt den Angstschweiß auf die Stirn.
Wir müssen uns beeilen, sonst ist die Banane geschält.
Euer Viktor