Suche
Close this search box.

Lesen schützt vor Komasaufen

Frauchen ist verwirrt. Und das ist bei meinem klugen Frauchen äußerst selten. Selbst das Feierabendbier will ihm nicht mehr so richtig schmecken. Wahrscheinlich hat es mal wieder zu viel Zeitung gelesen, aber wenn da irgendwo das Stichwort „Alkohol“ auftaucht, dann ist das bei ihm wie ein zwanghafter Reflex, dann muss es einfach weiterlesen …
Das war aber auch ein Durcheinander rund um das Thema Alkohol in den letzten Wochen. Die eine Überschrift lautete „Der Nachwuchs trinkt weniger“, die andere „Mehr Komasaufen unter Jugendlichen“. Da soll sich einer aber auch zurechtfinden! Das Statistische Bundesamt meldete einen Zuwachs beim Komasaufen in den letzten zehn Jahren um 178 Prozent. Hätten die die letzten 20 Jahre untersucht, wären wahrscheinlich noch höhere Steigerungsraten herausgekommen. Damals kannte man Komasaufen wahrscheinlich nur vom Schützenfest. Gleichzeitig vermeldete die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass „junge Menschen in Deutschland weniger Bier, Schnaps und Wein konsumieren, doch noch immer betrinken sich einige (!) bis zur Bewusstlosigkeit“.
Mit anderen Worten: Es ist wie immer. Jeder sucht sich die Meldungen heraus, die ihm am besten ins politische Konzept passen. Je nachdem, was geplant oder auch nicht geplant ist, wird entweder der eine oder der andere Aspekt betont. Wahrscheinlich liegt es wie immer an den dummen Verbrauchern. Die wissen gar nicht, wo sich der Alkohol überall „versteckt“. Und schon sind sie betrunken, nur weil sie 20 Becher mit Kefir oder mehrere Liter Traubensaft getrunken haben.
Doch da naht Rettung: Die CSU-Vize­generalsekretärin Dorothee Bär will nämlich einen Warnhinweis auch auf den Lebensmitteln, die selbst geringe Mengen an Alkohol enthalten. Ich sehe sie beim nächsten Einkauf mit Frauchen im Supermarkt schon vor mir, die Regale mit Warnhinweisen zum Beispiel auf (angeblich) alkoholfreiem Bier, auf Traubensaft (der bis zu 1,2 Prozent Alkohol enthalten darf), auf Joghurt oder auf ­Lebensmitteln mit Essig. Ganz zu schweigen von ­Cognacbohnen und anderen Produkten.
Die Bundesregierung will die Forderung von Frau Bär jetzt erst einmal prüfen. Haben die eigentlich nichts Besseres zu tun? Glaubt Frau Bär wirklich, dass sich auch nur einer durch einen solchen Warnhinweis abschrecken lässt? Warnhinweise auf Zigarettenpackungen halten niemanden vom Rauchen ab, war­um soll das jetzt mit Warnhinweisen auf ­Joghurtbechern anders sein? Das weiß wahrscheinlich nur Frau Bär …

Euer Viktor