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Warte, warte noch ein Weilchen …

Wer kennt das nicht: Das Telefon klingelt. Am anderen Ende eine freundliche Stimme. Fragt, ob man der oder die sei. Worum geht es denn? Wir machen im Auftrag von … eine Umfrage. Oder: Wir haben Ihren Telefon-, Strom- oder sonstigen Tarif überprüft und bieten Ihnen das und das an. Nervig. Aber wir können „Nein danke“ sagen oder sauer sein und auflegen.
Anders ist es, wenn man selbst ein Problem hat und zum Hörer greift. Da kann das Freizeichen mit unterlegter Musik und Werbung schon einmal einige Minuten ertönen. „Leider sind alle Plätze belegt, versuchen Sie es später noch einmal.“ Da heißt es dranbleiben. Auf ein Neues. Es klappt. „Haben Sie eine Frage zu …, dann drücken Sie die 1. Oder wollen Sie …, dann drücken Sie die 2. Wenn Sie einen persönlichen Berater …, dann drücken Sie die 3.“
Okay, die 3. „Mein Name ist …, womit kann ich Ihnen helfen? … Da kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen, da verbinde ich Sie mit dem Onlineservice.“ Freizeichen und dann die Stimme. „Haben Sie eine Frage zu …, dann drücken Sie die 1. Oder wollen Sie …, dann drücken Sie die 2. Wenn Sie einen persönlichen Berater …, dann drücken Sie die 3.“ Also wieder 3. „Guten Tag, mein Name ist …“ Bevor die Stimme ausgesprochen hat, unterbreche ich und erkläre mein Problem: „Ich habe bei DHL eine Paketabholung in Auftrag gegeben, aber seit einer Woche kommt keiner.“ – „DHL, was ist das?“, fragt die freundliche Dame. – „Ja verdammt, ich habe doch die DHL-Servicenummer gewählt, oder?“ – „Ja schon, aber wissen Sie …“ – „Nee, weiß ich nicht.“ – „Bitte geben Sie mir einmal die Sendungs-ID.“ – „Moment, wo steht die denn auf dem Auftrag?“ – „Unten links.“ – „Ah ja. Also die Sendungs-ID lautet … Ja, da habe ich sie schon.“ – „Sind Sie der Sender oder Empfänger?“ Es klopft schon ein wenig in der Halsschlagader. „Das glaube ich jetzt nicht. Ich bin der SEEEEEnder.“ – „Ach ja, jetzt sehe ich es auch. Das Paket sollte vor fünf Tagen schon abgeholt werden.“ – „Ja eben, deswegen rufe ich ja an.“ – „Ja, da kann ich Ihnen so auch nicht weiterhelfen. Da müsste ich Sie einmal mit der Abteilung Reklamation verbinden.“
„Haben Sie eine Frage zu …, dann drücken Sie die 1. Oder wollen Sie …, dann drücken Sie die 2. Wenn Sie einen persönlichen Berater …, dann drücken Sie die 3.“ Ich lege auf, schnappe mir die Pakete und bringe sie zur nächsten Postagentur. „Warum lassen Sie die schweren Pakete nicht abholen?“, meint die Dame hinter dem Schalter. Gute Idee, hätte von mir sein können.
Auf dem Weg nach Hause schalte ich das Radio an. Da wollte eine Rentnerin in Belgien einen Freund vom Bahnhof abholen. Strecke Wohnort zum Bahnhof: 80 Kilometer. Um sicherzugehen, schaltete sie ihr Navi ein. Auch nach Durchfahrt mehrerer europäischer Länder und mehrfachen Tankstopps schöpfte sie keinen Verdacht. Nach 1.500 Kilometern landete sie in ­Zagreb. Jetzt fiel ihr auf, dass irgendwas schiefgelaufen war. Das glaube ich nicht. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie oft die Navi-Stimme mitten auf der Autobahn „Bitte wenden Sie jetzt“ gefordert hatte.
Aber vielleicht hatte sie ja schon in Deutschland die Servicenummer ihres Navi-Herstellers angerufen. „Haben Sie eine Frage zu …, dann drücken Sie die 1. Oder wollen Sie …, dann drücken Sie die 2. Wenn Sie einen persönlichen Berater …, dann drücken Sie die 3.“ Das kann schon einmal bis Zagreb dauern. Zu Hause stand eines dieser großen gelben Autos vor der Tür. Die Spirale des Schreckens nahm kein Ende. „Ich soll hier sechs Pakete abholen.“ – „Na bravo, plant ihr die Fahrten mit dem Navi?“ – „Nee, warum?“ – „Ach, nur so.“

Euer Viktor