Zweite Chance beim Ex
von Anne M. Schüller
Aus den Augen, aus dem Sinn. Dieses Sprichwort bringt auf den Punkt, was in vielen Unternehmen bezüglich verlorener Kunden praktiziert wird. Verlorene Kunden sind vergessene Kunden. Oder sie werden als „Karteileiche“ einfach aus der Datenbank gelöscht. Dabei schlummert im Exkundenkreis ein beträchtliches Umsatz- und Ertragspotenzial.
Die Kundenrückgewinnung ist kein Glücksspiel, sondern erfordert ein strukturiertes Vorgehen. Im Einzelnen geht es darum, zu erkennen, wer aus welchen Gründen abgewandert ist und wen man wie zurückholen kann und will, um es im zweiten Anlauf besser zu machen. Das Kundenrückgewinnungsmanagement verfolgt demnach zwei Zielrichtungen: Oberstes Ziel ist es, ein Maximum an profitablen verlorenen Kunden zurückzugewinnen. Daneben sollen die gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden, um zukünftige Kundenverluste weitgehend zu vermeiden. Diese Oberziele lassen sich weiter spezifizieren:
Die Kundenfluktuation soll dauerhaft eingedämmt werden.
Hohe Neuakquisekosten zum Ersatz verlorener Kunden sollen vermieden werden.
Die Reputation als kundenfokussiertes Unternehmen soll gefestigt werden.
Negative Mundpropaganda soll abgewendet werden.
Die dem Abwandern zugrunde liegenden Mängel sollen behoben und
hieraus entstehende Fehlerkosten zukünftig reduziert werden.
Das Leistungsangebot soll verbessert und kundenfreundlicher gestaltet werden.
Eine gute Basis für die „zweite Loyalität“ rentabler Kunden soll gelegt werden.
Neun von zehn verlorenen Kunden rückholbar
In Ihrem Exkundenkreis schlummert ein beträchtliches Ertragspotenzial. Es ist nicht nur kostengünstiger, sondern häufig auch leichter, abgesprungene Kunden zurückzuholen, als Neukunden zu gewinnen. Erstere kennen Sie, Ihre Produkte und Services ja schon. Und oft waren es nur Kleinigkeiten, die für Verärgerung und Missstimmung gesorgt haben. Wir Menschen vergessen meist schnell und verzeihen gern. Viele ehemalige Kunden wären demnach bereit, Ihnen eine zweite Chance zu geben, würde man sie nur gebührend darum bitten, etwaige Probleme aus der Welt schaffen – und ihnen das Wiederkommen ein wenig versüßen.
So ergab eine vom Marktforschungsinstitut Ciao GmbH online durchgeführte Studie zum Kundenservice in Deutschland, dass nur zwölf Prozent der Befragten unter keinen Umständen zu ihrem ehemaligen Anbieter zurückkehren wollten. Im Übrigen verdeutlichen die Ergebnisse den Vorrang emotionaler Aspekte. Auf die Frage „Was müsste eine Firma tun, die Sie aufgrund eines schlechten Kundenservice als Kunden verloren hat, um Sie zurückzugewinnen?“ antworteten die 1.000 Teilnehmer nämlich anhand der vorgegebenen Möglichkeiten wie folgt:
28% Beweisen, dass ich ihnen als Kunde wichtig bin.
24% Beweisen, dass sich ihr Kundenservice verbessert hat.
20% Mir einen Preisnachlass beziehungsweise eine Gutschrift anbieten.
12% Nichts, ich werde nie zurückgehen.
7% Die Mitarbeiter im Kundenservice besser schulen.
6% Sich entschuldigen.
2% Der Manager müsste mich kontaktieren.
Die Prävention von Kundenfluktuation
Kundenverluste haben viel seltener etwas mit Preisen zu tun, als allgemein angenommen wird. „Zu teuer“ ist ein wunderbarer Vorwand für beide Seiten: für den Kunden, damit er seine emotionale Verletztheit nicht offenlegen muss. Und für den Betreuer, um sich aus der persönlichen Verantwortung zu stehlen. Doch nur, wer die wahren Fluktuationsursachen kennt, kann die richtigen korrigierenden Maßnahmen einleiten.
So erbrachte eine Untersuchung der Forum-Marktforscher aus Mainz, dass nicht die Konditionen, sondern kommunikative und zwischenmenschliche Faktoren die Hauptgründe für tiefe Zufriedenheitswerte bei Exkunden waren. Übrigens hatten nur 5 Prozent aller Kunden, aber 14 Prozent aller Exkunden sich vorher bereits beschwert. Die jeweils letzte Beschwerde war bei den bestehenden Kunden zu 13 Prozent, bei den Exkunden zu 29 Prozent per Brief erfolgt. Eine schriftliche Beschwerde heißt also: fünf vor zwölf. …
Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 01-02/2013