Suche
Close this search box.

Bierjahr 2020

Das Jahr 2020 haben wir uns ganz bestimmt anders vorgestellt. Covid-19 hat die Welt auf den Kopf gestellt, und Unternehmen sowie der private Alltag mussten neu organisiert werden. Massive Auswirkungen hat die Coronakrise auf die Weltwirtschaft. Hierzulande sind viele Branchen stark betroffen, auch die deutsche Brauwirtschaft.

von Monika Busch.

Einer Branchenumfrage des Deutschen Brauer-Bunds (DBB) zufolge ist der Bierabsatz im ersten Halbjahr 2020 in den befragten Unternehmen um 16 Prozent zurückgegangen; der Umsatz lag im Schnitt um 19 Prozent unter dem Vorjahr. Für das Gesamtjahr 2020 rechnen die Mitgliedsbraue­reien mit einem Absatzminus von mindestens 14 Prozent und mit einem Umsatzeinbruch von durchschnittlich 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem kleine und mittelständische Brauereien, die häufig einen großen Teil des Absatzes in der Gastronomie und im Fest- sowie Eventgeschäft, beispielsweise auf Volksfesten, Schützenfesten und in örtlichen Fußballstadien, generieren, sind hart getroffen. Brauereien und Gastronomie profitieren auch nicht von sogenannten Nachhol­effekten wie beispielsweise die Konsumgüterindustrie. Wurde beispielsweise der Kauf einer Waschmaschine auf den Herbst verschoben, blieb dem Handel zeitverzögert der Umsatz erhalten. Die Umsätze auf nicht veranstalteten Events hingegen sind unwiderruflich verloren.
In einzelnen Unternehmen sind die Umsätze existenzbedrohend um bis zu 70 Prozent zurückgegangen. Besser durch die Krise kommen die Brauereien, die hauptsächlich über den Handel absetzen oder in den Sommermonaten vom Inlandstourismus profitieren konnten. Jedoch: Die wirtschaftliche Lage der Gastronomie in ihrem jeweiligen Kundenkreis stufen die durch den DBB befragten Brauereien überwiegend als kritisch ein. Auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 für eine eher entspannte und 10 für eine sehr kritische Lage steht, gaben sie durchschnittlich einen Wert von 7 an.

Anmerkung: Der Deutsche Brauer-Bund hatte vom 30. April bis zum 6. Mai 2020 seine zweite Branchenumfrage zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise auf die deutsche Brauwirtschaft durchgeführt. Es beteiligten sich fast 90 Brauereien aller Größen. Knapp ein Drittel der teilnehmenden Betriebe hat weniger als 30 Mitarbeiter, ein weiteres knappes Drittel bis zu 60. Jeweils etwa 15 Prozent der befragten Brauereien haben zwischen 60 und 100 sowie zwischen 100 und 300 Mitarbeiter, knapp 11 Prozent mehr als 300 Mitarbeiter. Damit spiegelt die Zusammensetzung ungefähr die Größenrelationen der deutschen Braubranche wider, gleichwohl kann es sich bei der Befragung nur um ein Stimmungsbild handeln.

Rekordanstieg der letzten 15 Jahre

Einer Nielsen-Analyse zufolge kauften die Deutschen im ersten Halbjahr 2020 rund 38,6 Liter Bier und Biermischgetränke pro Kopf im LEH und in Getränkeabholmärkten und damit sieben Flaschen mehr als im ersten Halbjahr 2019 – ein Rekord­anstieg der letzten 15 Jahre.

Laut den aktuellen Nielsen-Zahlen kauften die Verbraucher hierzulande im ersten Halbjahr 2020 insgesamt rund drei Milliarden Liter und damit gut 4,6 Prozent mehr Bier und Biermixgetränke (Gesamtabsatz erstes Halbjahr 2019, LEH + GAM: circa 2,9 Milliarden Liter). Gleichzeitig gaben die Deutschen mit 52,12 Euro pro Kopf mehr für Bier und Biermixgetränke aus. Der Gesamtumsatz von gut 4,2 Milliarden Euro ist um fast sieben Prozent gestiegen (Gesamtumsatz erstes Halbjahr 2019, LEH + GAM: circa 3,9 Milliarden Euro).

„Während der Coronapandemie haben die Deutschen deutlich mehr Bier und Biermixgetränke gekauft. Aktuell beobachten wir den stärksten Anstieg des Verkaufs von Bier und Biermixgetränken in den letzten 15 Jahren. Ein Grund dafür ist die Schließung der Gaststätten, Bars und Kneipen im Frühjahr. Die Deutschen haben ihr Bier zu Hause genossen statt auswärts“, sagt Marcus Strobl, Experte für Bier und Biermixgetränke bei Nielsen.

Trend Hellbier

Dabei immer beliebter: Hellbier. Auch wenn Pils die meistgekaufte Biersorte im Lebensmitteleinzelhandel und den Getränkeabholmärkten geblieben ist (Absatz erstes Halbjahr 2020: 1,5 Milliarden Liter, +2,7 Prozent; Marktanteil: 50,4 Prozent), setzt sich der Hellbiertrend weiter fort. So kauften die Deutschen im Lebensmitteleinzelhandel und den Getränkeabholmärkten im ersten Halbjahr 2020 rund 18 Prozent mehr Helles als noch im Vorjahreszeitraum. Während dort im ersten Halbjahr 2019 gut 206 Mil­lionen Liter Hellbier im Einkaufswagen gelandet waren, waren es im gleichen Zeitraum 2020 fast 240 Millio­nen Liter. Insgesamt hat Hellbier nun einen Marktanteil von 7,8 Prozent (Quelle: Nielsen).

„Das Angebot rund um Hellbier wird immer größer. Helles wird längst nicht mehr nur in Süddeutschland getrunken, sondern setzt sich bundesweit durch – auch bei jungen Leuten. Ein Grund dafür: Es ist gut verträglich“, so Strobl.

Alkoholfrei

Hinter Pils und Hellbier belegten Biermixgetränke den Marktforschern zufolge den dritten Platz auf der Beliebtheitsskala der Biersorten (Absatz erstes Halbjahr 2019, LEH + GAM: 217 Millionen Liter, +6,5 Prozent; Marktanteil: 7 Prozent). Gleich dahinter: alkoholfreies Bier.

Rund 209 Millionen Liter Bier ohne Alkohol haben die Deutschen im ersten Halbjahr 2020 im Lebensmitteleinzelhandel und in den Getränkeabholmärkten gekauft. Das waren fast sieben Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum (Absatz erstes Halbjahr 2019, LEH + GAM: 196 Millionen Liter).

„Seit 2007 ist alkoholfreies Bier die einzige Biersorte, die im Absatz stetig wächst. Während der Marktanteil 2007 bei gerade einmal 2,7 Prozent lag, sind es nun schon fast 7 Prozent Marktanteil“, sagt Marcus Strobl. „Alkoholfreies Bier ist etabliert und erfindet sich gerade neu. So beobachten wir, dass auch Biermixgetränke wie Naturradler in der alkoholfreien Variante immer beliebter bei den Deutschen werden. Es zeichnet sich ab, dass Bier ohne Alkohol kein Kurzzeittrend ist und sich langfristig etabliert.“}

Getränkeabholmärkte beliebte Adresse

Eine beliebte Einkaufsadresse in der Coronakrise sind vor allem wieder Getränkeabholmärkte. 898 Millionen Liter Bier und Biermixgetränke gingen im ersten Halbjahr dort über die Ladentheken. Das sind fast acht Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Betrachtet man nur die Monate März, April, Mai und Juni 2020, waren es sogar elf Prozent mehr als in den gleichen Monaten 2019.

„Die Getränkeabholmärkte haben bisher von der Pandemie profitiert. Während wir zuvor beobachtet haben, dass immer weniger Deutsche Bier und Biermixgetränke dort einkaufen, sind die Getränke­abholmärkte nun wieder eine beliebte Adresse“, sagt Marcus Strobl. „In Getränkeabholmärkten können Verbraucher die Besucherströme in Supermarkt und Co. vermeiden und sich nur kurz für den Getränkekauf dort aufhalten.“

Dazu kommt: Die Deutschen greifen wieder verstärkt zu Kisten mit Bier oder Biermixgetränken. „Dafür sind Getränkeabholmärkte eine beliebte Anlaufstelle. Ein Grund dafür, dass der Bierkasten bei den Deutschen wieder mehr Anklang findet, ist sicher auch das Thema Bevorratung“, ergänzt Strobl. Im ersten Halbjahr 2020 kauften die Deutschen im Lebensmitteleinzelhandel und in den Getränkeabholmärkten bis zu acht Prozent mehr Bier und Biermixgetränke in Kästen mit 20 Flaschen à 0,5 Liter oder 0,33 Liter als noch im Vorjahreszeitraum.
Damit steigt die ohnehin angespannte Leergutsituation in der deutschen Brauwirtschaft. Durch Vorratskäufe kommt es zu Engpässen bei Flaschen und Kästen. Das Leergut wird häufig erst zurückgebracht, wenn die Vorräte aufgebraucht sind.

„Gemeinsam durch die Krise“

Dafür stehen viele Initiativen der bundesweit 1.500 Brauereien für Gastronomen, Hotellerie, GFGH, Gesundheitssystem und Hopfenbauern. Pachten wurden ausgesetzt, Stundungen veranlasst, Zinsen und Tilgungen reduziert. Getränke- und Geldspenden gab es für Klinikpersonal, Behörden oder Hilfsdienste. Für den Getränkefachgroßhandel, der in der Krise auf unzähligen Fässern sitzen geblieben ist, gab es kulante Regelungen und finanzielle Unterstützung. Für die Herstellung von Desinfektionsmitteln wurde Alkohol gespendet beziehungsweise teilweise auch von den Unternehmen selbst hergestellt. Auszubildende aus der Brauwirtschaft unterstützten die Hopfenbauern auf den Feldern, da die Saisonarbeitskräfte fehlten. DBB-Präsident Dr. Jörg Lehmann und Hauptgeschäftsführer Holger Eichele betonten, der Deutsche Brauer-Bund stehe solidarisch an der Seite der Hotel- und Gaststättenverbände sowie der Veranstaltungsbranche und fordere von der Politik ein klares Bekenntnis zum Erhalt der gastronomischen Strukturen in Städten
und Gemeinden.

„Die Gastronomie und die Veranstaltungswirtschaft befinden sich in akuter Not. Für die einen war der Neustart bislang wegen der niedrigen Gästezahlen wenig rentabel, die anderen werden noch auf Monate hinaus nicht öffnen dürfen“, sagte Lehmann. Noch sei völlig unklar, wie die Branchen den Herbst und den Winter durchstehen sollen. Brauerpräsident Lehmann: „Viele Hotels, Kneipen, Bars, Klubs, Restaurants, Konzerthallen und Messen stehen am Abgrund.“ Auch wenn sich der Handelsabsatz in Teilen erholt habe und sich die Situation in manchen Exportmärkten entspanne, bleibe der Fassbierabsatz im Keller. „Der stark eingeschränkte Betrieb der Gastronomie und die Absage Zehntausender Veranstaltungen und Feste schlägt direkt auf die Brauereien durch. Wir brauchen eine Politik mit Augenmaß, die bereit ist zu einer ehrlichen Analyse und einer offenen Diskussion. Ziel muss es sein, wirksame Strategien und Hilfen auf den Weg zu bringen, die dem in Not geratenen Gast- und Veranstaltungsgewerbe ein Überleben sichern. Wenn nichts geschieht, droht spätestens im nächsten Frühjahr eine Pleitewelle, wie wir sie nie zuvor erlebt haben“, so Lehmann.

Ein Hoffnungsschimmer für die Gastronomie ist eine Verlängerung der Außensaison durch die Genehmigung von Heizstrahlern. Metro Deutschland beispielsweise will eine klimaschonende Außengastronomie durch Ausgleich des CO2-Ausstoßes von Heizstrahlern ermöglichen und damit Städten und Gemeinden mögliche Lösungen aufzeigen. Für alle bei dem Großhändler verkauften Heizstrahler erwirbt das Unternehmen entsprechende Klimazertifikate und unterstützt sowohl in Deutschland als auch in zwei weiteren Ländern mit Metro-Standorten Umweltprojekte.

Umdenken beim Konsumverhalten

Das Bewusstsein für Regionalität und Qualität ist während der Pandemie gestiegen, vermehrt wird auf die Herkunft der Lebensmittel geachtet. Vor allem während des Lockdowns berichteten lokale Anbieter von verstärkter Nachfrage. Von diesem Wandel berichten auch die 21 Slow Brewer in Deutschland. „Werte wie Handwerklichkeit, regionale Verwurzelung und echte Qualität, denen sich die Slow Brewer verpflichtet fühlen, erleben aktuell ein regelrechtes Revival – und das gibt Anlass für einen positiven Blick in die Zukunft“, ist August Gresser, Geschäftsführer Slow Brewing, überzeugt.

Spannungszustand Mehrwegpool

Wie berichtet, gründeten im August dieses Jahres Bitburger, Krombacher, Radeberger und Warsteiner einen Mehrwegflaschenpool für die 0,33-Liter-Mehr­wegglasflasche. Die GeMeMa Gesellschaft für Mehrwegmanagement mit Sitz in Düsseldorf sei für alle Produzenten offen, heißt es. Voraussetzung für eine Teilnahme sei das „Bekenntnis zu den strikten Regeln der Poolpflege, die die Gesellschaft definiert hat“. Im November dieses Jahres hat das Bundeskartellamt der Neugründung zugestimmt. Damit kann die Gesellschaft ihren operativen Betrieb aufnehmen.

Die Antwort auf die Gründung der GeMeMa lautet MPB Mehrwegpool der Brauwirtschaft eG. Am 8. September 2020 haben der Bayerische Brauerbund e. V., der Brauereiverband NRW e. V. und die Sozietät Norddeutscher Brauereiverbände e. V. gemeinsam mit sechs Brauereien (Cölner Hofbräu P. Josef Früh KG [Alexander Rolff], Dithmarscher Brauerei Karl Hintz GmbH & Co. KG [Stephan Hansen], Hofbrauhaus Wolters GmbH [Carlo Ricchiuti], Privatbrauerei Bolten GmbH & Co. KG [Michael Hollmann, zugleich Vorsitzender des Brauereiverbands NRW], Privat-Brauerei Zötler GmbH [Herbert Zötler, zugleich Präsident der Freien Brauer] und Schneider Weisse G. Schneider & Sohn GmbH [Georg Schneider, zugleich ­Präsident des Bayerischen Brauerbunds]) in Düsseldorf die MPB (eiligst?) gegründet.

Die Initiatoren wollen die Gründung ausdrücklich als verbandsübergreifend an die gesamte deutsche Brauwirtschaft gerichtete Einladung zur aktiven Mitwirkung verstanden wissen.
Weitere Mitglieder, im vorliegenden Fall alle an einer Nutzung der beschriebenen Gebinde interessierten, am deutschen Biermarkt teilnehmenden Brauereien, können der Genossenschaft – zu welchem Zeitpunkt auch immer – kurzfristig beitreten und sie ebenso kurzfristig verlassen. Es bleibe jeder im deutschen Markt tätigen Brauerei freigestellt, sich in die Genossenschaft einzubringen und am neuen Pool teilzuhaben, heißt es.

Die nun gegründete Genossenschaft plant, im Wege einer Kennzeichnung bereits im Markt etablierter Standardflaschenformen durch eine Prägung, durch die neue Flaschen als Eigentum der Genossenschaft ausgewiesen werden, die Voraussetzungen für eine konsequente Poolpflege zu schaffen. Hierfür wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Glasindustrie e. V. bereits eine Lösung erarbeitet.
Der bisherige Prozess bis zur Gründung der Genossenschaft sei im Austausch mit den Kartellbehörden erfolgt. Dankbar sei man diesen für die zielführende, wohlwollende und hilfreiche Begleitung, so der Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft, Michael Hollmann. Auch mit den Länderfinanzministerien sei man seit etlichen Monaten in einem konstruktiven Dialog. Bewusst habe man sich für die Rechtsform einer Genossenschaft entschieden, so Hollmann (Anmerkung: weil kartellrechtlich eventuell unbedenklich?). Genossenschaften seien allein dem wirtschaftlichen Nutzen ihrer Mitglieder verpflichtet, ohne selbst auf Gewinnerzielung ausgerichtet zu sein.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat erneut Stellung genommen zu der bilanzsteuerlichen Behandlung von Pfandgeldern. In diesem Zusammenhang wurde das bislang gültige BMF-Schreiben vom 13. Juni 2005 (IV B 2-S 2137-30/05; BStBl I 2005, 715) aufgehoben. Die Aufhebung des BMF-Schreibens aus dem Jahr 2005 geht zurück auf ein BFH-Urteil aus dem Jahr 2013. Für sogenannte Mehrrücknahmen von Einheitsleergut ist ein Nutzungsrecht zu aktivieren.

Sowohl das BFH-Urteil aus dem Jahr 2013 als auch die Verlautbarungen des BMF betreffen im Besonderen die Nutzer von sogenanntem Einheitsleergut. Das BMF hatte mit Schreiben vom 19. Februar …

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 10-11-12/2020