Jetzt hat sich Frauchen aber tierisch aufgeregt. Wie oft war es bei seinem Griechen, hat gegessen und getrunken, mit Stavros Spaß gehabt und ihn in der ganzen Krise immer getröstet? Es wird schon wieder, wir stehen hinter euch. Auch als es richtig dicke kam und Stavros’ Verwandte keine Euro mehr aus den Bankautomaten bekamen. Da hat Frauchen kurzerhand das Mädelstreffen beim Italiener in die Lieblingstaverne zu Stavros verlegt. Bifteki und Souflaki, das war der Beitrag gegen die Krise. Solidarität mit der Speisekarte. Politik war ja nie so Frauchens Ding. „Der Varoufakis, dat is ’ne lecker Jung“, meinte es immer. Irgendwie war er für Frauchen so eine Mischung aus Kojak und Che Guevara. Aber jetzt ist für Frauchen der Lolli gelutscht.
Als im Euro-Monopoly der Schäuble anregte, die Griechen sollten mal für ein paar Jährchen aus dem Euro raus, nicht über Los gehen und keine Milliarden mehr kassieren, hängte Stavros ein knackiges „Isch over“ an seine Tavernentür. Frauchens Solidaritätsbewusstsein war weggespült wie ein doppelter Ouzo. Man darf ja auch einmal Anregungen in die Never-ending Story einbringen, ohne gleich zum fiesesten Schwarzwälder aller Zeiten gestempelt zu werden. Vielleicht ist das ja alles nur ein Plan, um etwas mehr Druck auf den Kessel zu bringen.
Geklappt hat es ja. Nach dem Brüsseler Marathon ist Tsipras eingeknickt und hat allen Reformen zugestimmt – auf dem Papier. Nun ist das alles weich gespült worden, und alle haben sich wieder ganz lieb. Frauchen war auch froh, dass seine Griechen im Euro bleiben. Es ist nämlich überzeugte Europäerin.
Nur der Nachgeschmack des Abkommens war wie billiger, warmer Retsina. Auf einmal war Frauchen die hässliche Deutsche; die ohne zu zögern eine ganze Nation in den Abgrund stürzt und den kleinen Griechen ein schreiendes „Isch over“ entgegenbrüllt, das die restliche Welt bis ins Mark erschüttert. Da wurden Frauchen Staatsfolter und Größenwahn vorgeworfen. Frauchen als germanisches Urweib, das die Griechen mit der Keule platt walzt. Der hässliche Deutsche eben.
Das hat es aber nicht verdient. Frauchen, das immer solidarisch zu seinen Griechen gehalten hat, ist plötzlich der Geier, der sich auf Griechenland stürzt. Irgendwie ist Frauchen enttäuscht. Haben denn seine griechischen Freunde vergessen, wer wie Geier das ganze Land mit Korruption und Vetternwirtschaft in den Ruin getrieben hat? Geier, die sich die Taschen über Jahrzehnte vollgestopft haben und ohne Rücksicht auf das Volk regierten. Frauchen meint, die sollten zur Rechenschaft gezogen werden, und das nicht zu knapp.
Frauchen setzt große Hoffnung in Tsipras. Vielleicht schafft Alexis es ja, die korrupte Politikerkaste zu verjagen und ihr ein „Oxi, isch over mit euch“ hinterherzubrüllen. Dazu drückt ihm Frauchen ganz fest die Daumen.
Euer Viktor