von Christoph Hahn
Eigenartig im Sinne des Worts sind sie alle, die deutschen Weinbauregionen. Mal steht mehr der Riesling im Vordergrund, mal die Burgundersorten – ganz nach der geografischen Lage, dem Klima und dem Boden.
Nur wenige Landstriche jedoch warten mit Trauben auf, die nur dort und sonst (fast) nirgendwo auf der Welt vorkommen. Die Württemberger hegen und pflegen zum Beispiel ihren Lemberger (in Österreich, der Schweiz und Südtirol als Blaufränkisch bekannt) und den Trollinger (in Südtirol: Vernatsch). Aber die Badener? Die können zumindest im südlichsten Teil, dem Markgräfler Land, vollauf dagegenhalten, und zwar mit einer weißen Spezialität: dem Gutedel.
Der trägt das Zeug zu einer weiter reichenden Karriere in sich. Zum Kabinett scheint er regelrecht geboren, ist mit elf Prozent ein leichter Geselle und eignet sich mit einer ausgesprochen frischen Aromatik für unkomplizierten Trinkgenuss. Diesen Flaggschiffwein des Markgräfler Landes zu kultivieren: Das haben sich viele Winzer der jüngeren Generation zum Ziel gesetzt, quer durch alle Generationen, Traditionen und Temperamente. 32 Jahre alt und an der renommierten Fachhochschule in Geisenheim (Rheingau) ausgebildet ist zum Beispiel Hermann Dörflinger junior aus der 18.000-Einwohner-Stadt Müllheim zwischen Freiburg und Basel, dem wichtigsten Zentrum der Region, von Lörrach und Weil ganz im Süden einmal abgesehen.
Dass der Gutedel nicht zu einer folkloristischen Plörre verkommt, dafür sorgt eine Reihe von jungen Winzern wie halt Dörflinger (www.weingut-doerflinger.de). Vom markgräflerischsten aller Weine zeigt sich der Junior (auch Vater Hermann ist nach wie vor aktiv) jedenfalls überzeugt und schwärmt: „So etwas Leichtes und Bekömmliches!“ Wie vielfältig Vater und Sohn sich auf den einen traditionellen Weißwein ihrer Heimat verstehen, zeigen die Dörflingers mit gleich drei Gutedel: dem vom Müllheimer Reggenhag, dem vom Badenweiler Römerberg und zu guter Letzt dem aus dem Müllheimer Pfaffenstück.
Profil, mal mit etwas mehr Muskat, mal mit etwas mehr frischer, erfrischender Säure. Einig sind sich Vater und Sohn im Übrigen in ihrer Qualitätsphilosophie. „Durchgegoren muss er sein“, heißt es. Was das genau bedeutet, gibt der Filius zu Protokoll: „Maximal drei Gramm Restzucker.“ Dabei können sich die beiden Chefs des Traditionsbetriebs in der Innenstadt von Müllheim (www.muell
heim.de) auf ihr Terroir verlassen. „Das sind gute Böden, die halten’s Wasser gut“, versichert der Jüngere. Trotzdem und sowieso sehen sich die Winzer gefordert. „Wir holen alles mit der Hand“, betonen sie. Lesen (der Badener sagt „herbsten“) mit Maschinen oder gar dem Vollernter: Mit den Dörflingers ist das nicht zu machen. Und der Gutedel bleibt über die Generationen das, was er sowieso schon immer war und ist. „Ein Wein, mit dem man nichts verstecken kann“, wie Junior Hermann Dörflinger III. philosophiert.
Kollegin Andrea Engler-Waibel peppt das Image des Gutedel, der besonders an heißen Tagen (aber nicht nur dann) den Genießer durch seine fruchtige Frische für sich einnimmt, zielbewusst auf. Auf dem sattgrünen Etikett der Gutsweinqualität steht in weißer Schrift nur lapidar gut edel.
Für sie stellt die Pflege dieses Weins, von dem sie auch eine Kabinettvariante aus dem Müllheimer Reggenhag im Programm führt, eine echte Herzensangelegenheit dar. „Wir stehen voll hinterm Gutedel“, versichert die Inhaberin des …
Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 10/2013