von Monika Busch.
Im Norden Deutschlands an der Grenze zu Dänemark verkaufen sogenannte Bordershops jährlich mehr als eine halbe Milliarde Getränkedosen pfandfrei an skandinavische Kundinnen und Kunden. Nach dem Verpackungsgesetz dürften Getränkedosen jedoch nur bepfandet an private Endkunden abgegeben werden, so die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Dies gelte auch für den Verkauf von Dosen an Personen, die sie anschließend mit ins Ausland nähmen. Durch den illegalen Vertrieb ohne ein Pfand fehle der Anreiz zur Rückgabe im Handel, weshalb viele der Dosen in der Umwelt landeten. Dänische Umweltschutzgruppensammelten in der Grenzregion regelmäßig Zehntausende pfandfreier Dosen aus der Umwelt, was angesichts der Dosenflut aus Deutschland nur die Spitze des Eisbergs sei, so die Argumentation der DUH.
Die DUH hatte den Landkreis Schleswig-Flensburg am 12. Januar 2021 dazu aufgefordert, gegen die andauernde Verletzung der Pfandpflicht einzuschreiten. Der Kreis habe allerdings nicht reagiert, sondern nur mitgeteilt, dass er auf eine Antwort des Umweltministeriums warte. Eine inhaltliche Antwort des Landkreises fehle bis heute. Die DUH hat daher nunmehr Untätigkeitsklage erhoben. Die DUH behalte sich vor, gegen weitere Kreise und kreisfreie Städte im deutsch-dänischen Grenzgebiet rechtlich vorzugehen, wenn die rechtswidrige Praxis des systematischen pfandfreien Dosenverkaufs weiterhin geduldet werde.
„Mit Irritation habe ich das Ansinnen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zur Kenntnis genommen, gegen den Kreis eine Untätigkeitsklage wegen der Duldung des seit fast zwei Jahrzehnten währenden pfandfreien Verkaufs von Getränkedosen im Grenzhandel anstrengen zu wollen“, erläutert Landrat Wolfgang Buschmann.
Hintergrund der Klage der DUH ist, wie vorweg erwähnt, der pfandfreie Verkauf von Getränkedosen im Grenzhandel an skandinavische, vornehmlich dänische Kunden, soweit diese durch eine Exporterklärung die Ausfuhr der Dosen bestätigen.
Die geltende Regelung ist durch verwaltungsgerichtliche Entscheidungen als rechtskonform anerkannt und wird ohne Einschränkungen und Probleme im Grenzhandel praktiziert. Schon deshalb gibt es aus Sicht des Kreises keinen Grund zum Einschreiten.
Der Aufforderung der DUH gegenüber dem Kreis vom 12. Januar, den pfandfreien Verkauf sofort zu unterbinden, wurde nicht gefolgt.
„Man möge es mir verzeihen, dass wir pandemiebedingt andere Schwerpunkte setzen, als eine geltende, rechtlich einwandfreie Handhabung zu hinterfragen und damit gleichzeitig mehrere Tausend Arbeitsplätze zu gefährden“, so Buschmann weiter. Umso mehr verwundert den Landrat die Intervention der DUH zum jetzigen Zeitpunkt.
Er habe die Klagebegründung noch nicht gelesen, aber in der Presseankündigung der DUH würden altbekannte Argumente bemüht. „Die darin beschriebene Vermüllung der deutsch-dänischen Grenzregion scheint man vom Sitz der DUH in Berlin anders wahrnehmen zu können als in der Region selbst. Ich wohne an der Grenze und kann den ‚Umweltskandal‘ nicht bestätigen“, so der Landrat weiter.
Überhaupt sei das Bemühen aller Beteiligten in den zurückliegenden 18 Jahren alles andere als skandalös, sondern von dem Willen getragen, eine den ökologischen wie ökonomischen Aspekten gerecht werdende Lösung zu finden. Unter Zugzwang stehe allerdings die dänische Seite. Sie habe sich gegenüber der Landesregierung und dem damaligen Umweltminister bereit erklärt, für den deutschen Grenzhandel einen diskriminierungsfreien Zugang zum dänischen Pfandsystem zu ermöglichen. Dagegen habe der dänische Einzelhandel allerdings große Vorbehalte. Zweifelsohne dürften der DUH diese Zusammenhänge bekannt sein, ebenso das beim Europäischen Gerichtshof von dänischer Seite eingereichte Prüfverfahren, das Mitte des Jahres beschieden werden soll.
„Warum sich die DUH zumindest mittelbar zum Fürsprecher des dänischen Einzelhandels macht, erklärt sich mir nicht. Nicht minder irritierend empfinde ich die zeitliche Nähe der Klage zum Bundestagswahlkampf 2021. Vielleicht möchte ja die DUH die Gefährdung von über 2.000 Arbeitsplätzen im deutschen Grenzhandel zum Thema machen. Die wäre nämlich die unausweichliche Folge, würde die Pfandfreiheit ohne eine Nachfolgeregelung beendet“, so Buschmann.
Verärgert ist Buschmann darüber, dass man dem Kreis Untätigkeit vorwirft. Denn in den zurückliegenden fast 20 Jahren hätten viele Beteiligte immer wieder an einer tragfähigen Gesamtlösung gearbeitet; das Umweltbewusstsein der dänischen Kunden habe seitdem einen spürbaren positiven Wandel vollzogen. „Vielleicht bietet die Klage die Möglichkeit, den Fokus nicht nur auf einen aktiven Umweltschutz, sondern gleichsam auf die wirtschaftlichen, arbeitsmarktpolitischen Aspekte diesseits der Grenze zu richten. Auf der dänischen Seite wurde dieser schon längst als bedeutsam und verfahrenslenkend erkannt.“