von Monika Busch.
Auch im Monat November kann sich die Moselregion von einer schönen Seite zeigen – so wie bei unserem Besuch: strahlend blauer Himmel, eine ruhige Mosel, idyllische Natur.
Und es gab wieder viel zu entdecken, zu verkosten und zu genießen: ein Schloss, das aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist, den neuen Mosel-Spirit, zwei Weingüter – einen Weinkeller, eine deutsch-portugiesische Weinallianz –, zwei Charakterköpfe der besonderen Art und ein Weinjahr 2016 mit größten Herausforderungen.
Das Jahr der großen Herausforderungen
Der Jahrgang 2016 stellte die deutschen Winzer vor extreme Herausforderungen. Von Frost bis Sonnenbrand, von Starkregen und Hagel bis Trockenheit: Auch an Mosel, Saar und Ruwer waren im Jahr 2016 die Weinberge extremen Wettererscheinungen und Schadenserregern, insbesondere Falschem Mehltau (Peronospora), ausgesetzt. Und neben langen Regenphasen und Trockenperioden bedienten sich die Wildschweine und Vögel im „Feinkostladen Weinberg“.
Zitterpartien für die Winzer: Die Erntemengen schwanken regional von Betrieb zu Betrieb, von Lage zu Lage sehr stark – von Totalausfall bis zu normaler Menge. „Während in manchen Rebzeilen kaum Trauben am Stock hingen, konnten nur 150 Meter weiter volle Erntemengen gelesen werden“, zitierte der Geschäftsführer Moselwein e. V., Ansgar Schmitz, einen Winzer von der Saar.
Jedoch ist die Qualität der Trauben letztlich besser ausgefallen, als der problematische Witterungsverlauf erwarten ließ. „Die Winzer sind im Großen und Ganzen mit der Qualität des Jahrgangs zufrieden“, berichtete Weinbaupräsident Rolf Haxel, Vorsitzender des Moselwein e. V., auf der Herbstpressekonferenz der Gebietsweinwerbung, die auf Schloss Lieser an der Mittelmosel stattfand. „Wer die Ernte bis in den Herbst durchbrachte, wurde mit intensiv aromatischen Trauben mit teilweise hoher Qualität belohnt“, so Haxel.
Die geschätzte Erntemenge im Weinbaugebiet Mosel mit rund 750.000 Hektolitern entspricht dem Vorjahr. Die durchschnittliche Erntemenge der vergangenen zehn Jahre liegt bei 810.000 Hektolitern. Groß ist die qualitative Bandbreite der Ernte. Beim Riesling variiert das Mostgewicht je nach Ertrag von 60 bis mehr als 100 Grad Öchsle, bei Müller-Thurgau von 62 bis 80 Grad und beim Elbling von 60 bis 70 Grad.
Die bestockte Rebfläche des fünftgrößten Weinanbaugebiets Mosel, Saar und Ruwer liegt bei 8.814 Hektar, die Ertragsrebfläche bei 8.567 Hektar. 90,5 Prozent entfallen auf weiße Sorten, 9,5 Prozent auf rote. Riesling ist mit 61 Prozent die wichtigste Rebsorte; eine Spezialität der Region ist die Rebsorte Elbling.
Von den meisten Winzern in der Region werden Riesling, Elbling und Burgunderweine auch zu Sekt veredelt. Im traditionellen Flaschengärungsverfahren – wie in der Champagne – entsteht nach mindestens neunmonatigem Hefelager Winzersekt. Die Bezeichnung Crémant darf ein Winzersekt von der Mosel tragen, wenn der Grundwein aus Ganztraubenpressung stammt und der Sekt nach der zweiten Gärung in der Flasche mindestens zwölf Monate auf der Hefe gereift ist. Crémant ist nur für Riesling, Elbling und Burgundersorten zugelassen.
Ein Stück „deutsche Riviera“
Stilvoll und im Dunstkreis der Macht residierte die Familie Puricelli in ihrem 1887 fertiggestellten Gründerzeitbau im Neo-Renaissance- und Jugendstil in der Gemeinde Lieser, einem reizvollen Flussdreieck im Herzen der Mittelmosel mit weltweit bekannten Weinlagen.
1895 erbte Maria Puricelli, inzwischen mit dem preußischen Landwirtschaftsminister Clemens Freiherr von Schorlemer-Lieser verheiratet, das Gebäude. 1905 wurde das Schloss durch einen Jugendstilanbau auf das Doppelte seiner bisherigen Größe erweitert.
Als 1990 die letzte Eigentümerin der Familie, Marliese Rheinen Freifrau von Schorlemer-Lieser, verstarb, wurden die Wirtschaftsgüter des Schlosses – Weingüter, Waldbesitzungen und Häuser in der Umgebung von Trier – aufgeteilt, der Schlossbetrieb verlor seine wirtschaftliche Grundlage. Schließlich kaufte die Gemeinde das inzwischen denkmalgeschützte Schloss, ließ es aber bis auf die Nutzung beim alljährlichen Schlossfest leer stehen. Es drohte zu verfallen.
Jetzt ist das Schloss aus dem Dornröschenschlaf erwacht und erstrahlt in neuem Glanz. Der niederländische Investor Piet Killaars hatte das Anwesen 2007 gekauft, um es in ein Fünf-Sterne-Hotel zu verwandeln. Der Visionär investierte rund 20 Millionen Euro.
Im Rahmen der Herbstpressekonferenz des Moselwein e. V. gab es für Journalisten eine Führung mit dem Schlossherrn persönlich. 50 Zimmer, davon 13 Suiten, ein Gourmetrestaurant, eine hauseigene Kapelle, ein Luxus-Spa, eine Bibliothek und eine wunderschöne Terrasse, von der sich auch noch im November die Mosel von ihrer besten Seite zeigte, sollen den Gästen eine „Oase der Entspannung und Lebensart“ bieten. „Alle Badezimmer sind von mir persönlich überprüft worden, alle Zimmer individuell eingerichtet“, so Killaars stolz.
Nach sieben Jahren Umbauzeit wurde die Pre-Opening-Phase im November 2016 eingeleitet. Die offizielle Eröffnung ist für Frühjahr 2017 geplant – ein beeindruckendes Schmuckstück an der Mosel. Geführt wird das Haus von Hoteldirektor Martin R. Smura (Hommage AG).
In direkter Nachbarschaft zum Schloss befindet sich das Weingut Schloss Lieser, das in den 90er-Jahren von Thomas Haag und seiner Frau Ute in einem ebenfalls sanierungsbedürftigen Zustand gekauft wurde. Heute erstrahlt das Weingut in neuem Glanz, und Haag wurde Winzer des Jahres 2015 beim „Gault-Millau“. Visitenkarte des Weinguts sind die VDP-Gutsrieslinge, die auf Schiefersteillagen wachsen und von Hand gelesen und selektiert werden.
Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 1-2/2017